रविवार, 12 जनवरी 2025

Macht, Modi, Indien. Ein Gigant erwacht

Wie Modi Indien zur Weltmacht machen will und Muslime ausgrenzt

von Johannes Hano

Er sieht sich als Führer eines neuen, selbstbewussten Indiens und stellt sich auf eine Stufe mit Ikonen wie Nehru und Gandhi. Narendra Modi will erneut Premierminister werden.

Narendra Modi ist auf dem Weg in eine dritte Amtszeit als indischer Premierminister. Seine Popularität stellt alle seine Gegner in den Schatten. Unter seiner Führung hat sich Indien verändert, mit dem Ziel eine Weltmacht zu werden. Basis seiner politischen Strategie ist ein radikaler Hindu-Nationalismus, mit dem er das Land in die Zukunft führen will. Große Teile der Gesellschaft werden dabei ausgegrenzt. Die mehr als 200 Millionen Muslime haben in Modis Indien immer weniger Platz.

Leicht entrückt und mit Pfauenfedern als Opfergabe taucht Indiens Premierminister Narendra Modi im Februar auf den Meeresgrund. Er will den Hindu-Gott Krishna ehren. Es sei eine göttliche Erfahrung gewesen, wird er später sagen. Kein anderer Premierminister hat seit der Unabhängigkeit das Land so geprägt wie er.

Zwei Wochen sind wir unterwegs, ganz im Westen Indiens, in der Provinz Gujarat am Arabischen Meer. Eine Handelsregion seit tausenden Jahren. 13 Jahre hat Narendra Modi die Provinz regiert. Sie ist eine Art Labor für die Entwicklung des ganzen Landes geworden. Hier ist seine Vision eines nationalistischen Hindu-Staates entstanden, der politisch und wirtschaftlich mit den Supermächten USA und China mindestens gleichziehen soll. Wir wollen aufspüren, wohin sich der erwachende Riese entwickelt.

Es ist eine Welt, die die Sinne verwirrt. Atemberaubend, menschenleer und lebensfeindlich und doch von magischer Schönheit. Wir sind unterwegs auf einer Straße, die gerade erst fertiggestellt wird. Eine Straße über den Salzsee bei Dholavira. Nur 40 Kilometer sind es bis nach Pakistan. Die Straße ist Teil einer Vision des indischen Premierministers Narendra Modi. Wie viele andere solche Projekte soll sie Wohlstand bringen, auch in die letzten Winkel des Landes. "Road To Heaven" wird sie genannt. Sie führt zu einem Ort hinter den Bergen, der auf die Menschen, die hierher kommen, einen besonderen Reiz ausübt Rann von Kutsch ist eine Salzwüste, die magische Bilder erzeugt. Für die letzten Touristen des Jahres, bevor die Sommerhitze alles Leben vertreibt.

Tourist: Wir kommen aus Hyderabad, wollten schon immer hierher kommen. Auf jeden Fall zum Sonnenuntergang. Wir wissen doch alle, dass der Sonnenuntergang das Beste ist. Es war eine surreale Erfahrung. Die Gastfreundlichkeit ist einzigartig hier. Und es gibt so viel Schönheit der Natur.

Fast 800.000 Touristen kommen jedes Jahr an diesen entlegenen Winkel an der Grenze zu Pakistan, um die Einzigartigkeit dieses Ortes zu erleben. Eine Einzigartigkeit, die so manchen offensichtlich euphorisiert. Wir werden angesprochen von einem, der uns mal sagen will, was Sache ist.

Ich sag dir eins: Die Zeit wird kommen, da wird Indien eine Supermacht sein. Denn wir haben einen großen Führer, Modi. Er macht alles für Indien.

Am Rande der Wüste eine Struktur, die auf den ersten Blick Rätsel aufgibt. Mitten im Nichts ein gigantisches Zeltlager. Die Zelte verlassen, nur ein heißer Wüstenwind weht durch die Anlage. Sie zeugen davon, dass die Saison so gut wie vorüber ist. Die Anlage ist Teil einer Vision, die nichts im Zufall überlässt.

Agnihotri: Erstmal möchte ich Ihnen ganz offen sagen, dass ich nicht verbunden bin mit einer Gruppe oder so. Aber unser geliebter Premierminister Herr Modi hatte die Idee, als er noch Ministerpräsident hier war. Das ist der Grund, warum es alles hier gibt. Ja, alles war seine Idee und er hat sie umgesetzt.

Der freundliche Herr Agnihotri ist Hotelmanager der mit 400 Zelten größten Anlage in der Salzwüste. Zwischen umgerechnet 100 und 1000 Euro pro Nacht und Person kann eine Übernachtung im Zelt schon mal kosten. Unerschwinglich für die meisten der mehr als 1,4 Milliarden Inder. Bei einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von etwa 2000 Euro pro Jahr. Und doch sei alles vor allem eine Art Sozialprojekt, erklärt uns der Hotelmanager.

Agnihotri: Natürlich arbeiten wir profitabel, das leugne ich nicht. Aber wichtiger ist die Aufgabe, die damit kommt, die lokalen Menschen hier zu unterstützen. Es gibt da eine Vorschrift, dass wir 75 Prozent lokal anstellen müssen. Ich habe Ihnen ja gesagt, die lokalen Einwohner sind wichtig. Wenn wir sie anstellen, bringen wir sie nach oben, auch finanziell. Anders würde das Motto von Herrn Modi ja auch nicht funktionieren: Zurückgeben. Wir geben zurück an die Gesellschaft. Das ist das Wichtigste.

Aus armen Bauern werden Andenkenverkäufer oder Hotelangestellte. Für die reichen Touristen aus den Metropolen wie Delhi, Mumbai oder Kalkutta. Umgerechnet 100 bis 200 Euro können sie hier im Monat während der Saison verdienen. Ein Vielfaches dessen, was sie als Bauern erwirtschaften könnten. Ein kleines kostengünstigeres Ressort gleich nebenan wird komplett von lokalen Einwohnern betrieben. Bezahlt von der indischen Regierung.

Subheb Bhadomia Muto, Resortmanager: Es gibt einen großen Unterschied zu früher. Viele Menschen sind jetzt glücklich. Sie verdienen etwas. Sie haben ein besseres Leben. Sie haben ein festes Dach über dem Kopf, können ihre Kinder zur Schule schicken. Jedes Dorf hat jetzt eine Schule.

Er zeigt uns ein Foto von Narendra Modi, der 2010 zur Eröffnung vorbeikam.

Ich bin sehr stolz, dass unser heutiger Premierminister hier war. Er macht sich noch heute Gedanken darüber, wie sich das Leben der einfachen Menschen an diesem Ort hier weiterentwickelt. Wie wir mehr Touristen bekommen. Das macht uns alle sehr stolz.

Und auch er hat keinen Zweifel daran, was Indiens Zukunft anbelangt.

Indiens Zukunft wird sehr gut. Es wird wunderbar. Es wird noch besser als heute. Indien wird schon bald zur Supermacht.

Wir verlassen die Wüste Richtung Arabisches Meer. Mit dem Gefühl, dass etwas in Bewegung geraten ist. Ein Aufbruch voller Stolz und Hoffnung. Wir sind auf dem Weg nach Kandla, einer kleinen Hafenstadt. Entlang der Küste Meersalz-Gewinnungsbecken, so weit das Auge reicht. Salz hatte schon immer eine enorme Bedeutung für Indien. Wirtschaftlich und politisch. Seit Jahrhunderten wird es aus Meerwasser gewonnen. Überlebenswichtig, um in der sengenden Hitze den Elektrolytverlust auszugleichen. Die britischen Kolonialherren aber besteuerten das Salz. Immer weniger Menschen konnten es sich leisten. Das Salz von Gujarat wurde zum Schlüssel für Indiens Unabhängigkeit. Mahatma Gandhis Salzmarsch durch die Provinz bis hier ans Arabische Meer war der Anfang vom Ende des britischen Kolonialreichs. Immer mehr Inder folgten seinem Aufruf zu zivilem Ungehorsam. Indiens Premierminister Modi nutzt das Gedenken an den Salzmarsch und beschwört eine neue Zeit.

Narendra Modi: Der Salzmarsch hat eine Schlüsselrolle bei der Vorbereitung des gesegneten heiligen Bodens für ein unabhängiges Indien gespielt. Es war der Anfang unserer Unabhängigkeit. Und der Eintritt in das gesegnete Zeitalter.

Indien, das heilige Land, so sieht es der Regierungschef. Und nicht nur er. Es ist sechs Uhr morgens. Die Männer der nationalen Freiwilligen-Organisation RSS sind schon beim Exerzieren. Ihr Markenzeichen sind die langen Schlagstöcke aus Bambus. Es ist eine Art militärischer Drill, freiwillig vor der Arbeit. Die Männer kommen aus der Nachbarschaft. Jeden Morgen versammeln sich hier Ärzte, Lehrer, Handwerker. Und worum es geht, daran lassen sie keinen Zweifel.

Rishi Kesh, Kommandeur Freiwilligen Korps RSS: Wir geben ein Kommando und alle müssen sofort folgen. Jeder hat seinen Platz und alle müssen die Abläufe verinnerlichen. Das erhöht die Konzentration. Es geht darum, die Gesellschaft zu vereinen und für die Nation zu arbeiten. Die Nation zuerst.

Arbeiten für die Nation im Gleichschritt. Einer gibt das Kommando und alle folgen. Der RSS ist als hindunationalistische Bewegung in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden. Bis heute erinnert die Uniform daran. "Braunhosen" werden sie genannt. Der Einfluss auf die Gesellschaft aber war gering. Das hat sich geändert. Mittlerweile hat der RSS etwa sechs Millionen Mitglieder im ganzen Land. Und jeden Tag werden es mehr.

Bharat Dhokai, Leiter, RSS Campus: Wir wollen Indien auf eine neue Ebene heben. Wir wollen India first. Wir wollen uns in allem weiterentwickeln: Körperlich, geistig und auch was die Einheit der Gesellschaft angeht. Wir müssen die Gesellschaft auf eine höhere Ebene heben. Wildes Raufen und Exerzieren mit militärischem Drill aber sind nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Teil der nationalen Ermächtigung.

Das erzählt uns Bharat Dhokai, der den Campus des RSS hier leitet. Das Konzept sei sehr viel breiter und tiefer angelegt.

Bharat Dhokai: Wir müssen Indien stark machen. Wenn jeder Bürger stark ist, dann wird er sich mit der Nation verbinden. Und hier verbinden wir sie mit der Nation. Schon die Kinder. Wir bereiten die Samen vor. Denn wenn die Samen gut sind, dann wird auch der Baum gut. Also bereiten wir auch die Samen vor.

Und das mit dem Samen meinen sie hier wörtlich. Herr Dhokai führt uns in einen Raum, in dem junge Paare darauf vorbereitet werden, kleine, starke Hindus zu zeugen.

Bharat Dhokai: Hier beginnen wir damit, ganz Indien stark zu machen. In den heiligen Schriften gibt es die Geschichte von Abhimanyu, der schon im Mutterleib seine Kampffähigkeiten ausgebildet hat. Deshalb wird die Gebärmutter 90 Tage vor Befruchtung trainiert, wird alles weich gemacht. Die Frauen und Männer werden dann eine komplette Selbstreinigung vornehmen. Erst wenn das geschehen ist, wird die Befruchtung stattfinden. Wir geben ihnen dafür ein bisschen Zeit.

Es ist eine Art Lebensborn. Im Nebenraum hat sich eine Gruppe junger Frauen versammelt, die den Prä -Befruchtungsprozess schon hinter sich haben. In einem nächsten Schritt geht es jetzt darum, den Fötus richtig einzustellen.

Hina Ghatri, werdende Mutter: Wir erschaffen, nein besser, wir designen ein Kind das alle Werte und Traditionen schon im Mutterleib vermittelt bekommt. Wenn es auf die Welt kommt, dann wird es sich allem schon bewusst sein. Und eine enge Bindung zu unserem Land haben.

Unter Anleitung singen sie dann gemeinsam zu ihren Föten, damit die mit der richtigen Einstellung zu Nation und Hinduismus in ein paar Wochen oder Monaten das Licht der Welt erblicken.

Frau: Der Klang der Revolution hallt wider in der Huldigung der Märtyrer. Das ungeteilte Indien, das erreicht werden soll, ist der Traum der hinduistischen Nation. Erfüllt mit neuem Blut. Fähige Hindus, fähiges Indien. Singen sie da.

Zu uns hat sich ein Mann gesellt. Er erklärt uns, wie die Botschaft zu verstehen ist, die den Föten mit diesem Lied da eingesungen wird.

Madan Lal, Salzbaron und Mäzen: Es geht darum, Indien wieder groß zu machen. Es geht um die Vereinigung aller Teile Indiens. Es geht um ein vereintes Indien, das ursprüngliche Indien. Ich meine damit das heutige Pakistan, Bangladesch, Myanmar, alles wird wieder Teil von Indien sein. Das sind ihre Träume, die sie ihren Kindern schon im Mutterleib einpflanzen.

Madan Lal ist Salzbaron, RSS-Mitglied und Financier der Einrichtung, zu der auch eine Grund- und eine Oberschule gehören. Etwa 30.000 solcher Erziehungseinrichtungen gibt es mittlerweile in Indien. Spielerisches Krafttraining und Körperertüchtigung in der Pause, schon für die Kleinen. Aber auch die Liebe zur Natur soll hier vermittelt werden, im eigenen Skulpturen-Streichelzoo.

Madan Lal: Unser Hauptziel ist, Bildung nach Indien zurückzubringen. Gegenwärtig haben wir ein Bildungssystem, das aus der britischen Kolonialzeit stammt. Und das wir nach der Unabhängigkeit weiterbetrieben haben. Aber das ist nicht mit unseren Wurzeln verbunden. Hier geht es nach unseren indischen Regeln.

* ritueller Gesang *
Rituale spielen dabei eine große Rolle. Jeden Tag bevor der Unterricht beginnt sitzen die Älteren zusammen, um durch ein Feuerritual die Umwelt zu reinigen. So ist der Brauch. Die Vermittlung von Lesen und Schreiben würde nicht im Vordergrund stehen, erzählt uns Herr Dhokai, der Campusleiter. Vielmehr gehe es um die Vermittlung von praktischen und spirituellen Fähigkeiten. Wie man lokales Essen vor- und zubereitet, traditionell mit Kräutern und Gewächsen aus der Region zum Beispiel. Vor allem die Mädchen sollen das lernen. Spielerisch nähern sich die Kleinsten den Gottheiten und ihren Geschichten. Da muss man schon mal länger nachdenken, denn Götter und Göttinnen gibt es im Hinduismus doch recht viele. Und natürlich Meditation.

(Alle) Om.

Was wollen Sie erreichen?

Bharat Dhokai: Befreiung, das heißt Moksha. Die Befreiung vom Leid der ewigen Wiedergeburt. Das ist das ultimative Ziel des menschlichen Lebens, Erlösung. Unsere spirituelle Bildung und Erziehung hilft uns, dieses Ziel Moksha zu erreichen. Der Mensch wird eins mit Gott und der Nation.

Doch bevor sie in die Göttlichkeit entschweben, müssen die Kleinen jeden Morgen vor Unterrichtsbeginn erstmal auf das Diesseits schwören.

Wir werden zusammenarbeiten für die Würde und Ehre der Nation. Wir werden die Ehre unseres Landes verteidigen. Sieg für Mutter Indien.

Man könnte das, was wir hier sehen, Treueschwüre, Fötenbesingung, Fruchtbarkeits- und Reinigungsrituale, paramilitärische Männerspiele, leicht als Auswüchse einer abstrusen nationalesoterischen Sekte abtun. Das aber geht nicht. Es geht um mehr.

Die Menschen, die zu uns kommen, machen vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter eine unterschiedliche Entwicklung durch. Und je nachdem, welche Interessen sie haben, werden sie eingesetzt. Herr Modis Interesse war die Politik. Also wurde er in die Politik geschickt, versehen mit unseren Werten, Patriotismus und Hinduismus. Jetzt arbeitet er daran, die Welt zu verändern. Er kümmert sich um alles.

Der RSS ist die ideologische Basis des indischen Premierministers. Im RSS ist er groß geworden. Als Narendra Modi mit großem Pomp im Januar in Ayodhya den neugebauten Ram Tempel einweiht, erfüllte er ein langgegebenes Versprechen an die radikalen Hindus im Land. Immer an seiner Seite Mohan Bagwat, der Führer des RSS. Der neue Tempel erbaut auf den Ruinen einer jahrhundertealten Moschee, die ein Hindu-Mob zuvor niedergerissen hatte. Er soll zum Symbol werden für die Überlegenheit der hinduistischen Kultur. Ganz nach dem Geschmack des RSS.

Zurück in Khandla. Nach der morgendlichen Ertüchtigung schwören die Männer noch Gefolgschaft. Eine Art religiös-nationalistischen Eid aufs Mutterland. Darin heißt es unter anderem: Ich salutier dir, o liebevolle Heimat. Durch dich, das Land der Hindus, gedeiht mein Glück. O Herr, mächtiger Beschützer der hinduistischen Rasse, mit Ehrerbietung grüßen wir dich. Möge die Glut des Volkes unaufhörlich in unseren Herzen brennen. Möge unsere Einheit die siegreiche Kraft für unsere Aufgaben sein.

Mit schwülstig-religiösem Nationalismus wollen sie ein neues, starkes Hindustan erschaffen. Eins, das von Afghanistan bis Myanmar reicht. In einem Land, in dem selbst noch immer hunderte Millionen Menschen kein fließend Wasser haben. Keine Toiletten, kein Strom. Ein Land, in dem selbst die heiligen Kühe in den erbärmlichsten Bedingungen leben. Ohne wirtschaftlichen Aufschwung wird das nicht gehen.

Doch daran arbeiten sie hier. Indien ist dabei, in großen Schritten sein Handelsdefizit abzubauen. Von einer Import- zu einer Exportnation zu werden. Und das Land setzt auf eine Entwicklung der eigenen Industrie. Wir haben uns mit Munjal Patel verabredet. Er ist Chef eines mittelständischen Pharmaunternehmens in Gujarat. Sein Geschäft boomt. Ganz Indien, auch sein Unternehmen, stünden vor einer goldenen Ära.

Munjal Patel, CEO, Lincoln Pharma: Wir können ganz locker um das Drei-bis Vierfache wachsen. In den nächsten 15 bis 20 Jahren. Das ist möglich.

Lincoln Pharma hat 1700 Mitarbeiter. Sie produzieren Impfstoffe, Schmerzmittel und Malariatabletten. Mehr als 500 Produkte haben sie im Angebot. Neben dem heimischen Markt versorgen sie die ganze Welt. Exportiert wird vor allem aber nach Asien, Afrika und Südamerika.

Munjal Patel: Das Wichtigste ist, wir haben seit 15, 20 Jahren hier in Gujarat eine beständige Regierung und die Ideologie des Ministerpräsidenten. Als Herr Modi Ministerpräsident wurde, hatte er Träume gesät. Heute ist er Premierminister des ganzen Landes. Aber alle Ideen, Investitionen, die er in seiner Zeit ausgesät hat, tragen jetzt Früchte über alle Industrien in Gujarat hinweg.

Und Herr Patel gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er von Narendra Modi spricht.

Munjal Patel: Und was der für das Land und ganz besonders für die Wirtschaft unternimmt. Autobahnen bauen zum Beispiel. Die Korridore, die er gebaut hat, sind Teil der Infrastruktur. Eine Notwendigkeit, die Basisanforderung für alles Weitere. Wir haben nicht geglaubt, dass das vor 2050 klappt und jetzt haben wir 2024. Ich denke, das ist das Wichtigste. Wissen Sie, wir konnten unsere Waren nicht wirklich über Straßen transportieren. Jetzt haben wir Straßen und alles ist so sicher und einfach.

Dass sein Unternehmen wie so viele andere auf Hochtouren laufe, hänge aber ganz besonders mit der Entbürokratisierung zusammen. Und damit, dass das komplizierte Steuersystem radikal vereinfacht worden sei. Das alles sei Teil eines Konzepts, das der Premierminister mit Macht vorantreibe.

Munjal Patel: Make in India. Das war sein Traum. Und man konnte das tatsächlich damals nur als Traum sehen. Aber er hat ihn wahrgemacht. Make in India ist das, woran er arbeitet und wir unterstützen ihn dabei. Denn das ist auch gut für uns, denn nur hier generieren wir unsere Einnahmen.

Warum Modi denn aus seiner Sicht alles besser mache als alle anderen, fragen wir den Unternehmer dann noch.

Munjal Patel: Was er begriffen hat ist, und das ist auch meine Ideologie, dass man nur für eine Sache arbeiten kann, die einem wichtig ist. Und Indien ist sein Baby. Sehen Sie das mal so: Lincoln Pharma ist mein Baby, meine Firma, meine Leidenschaft. Jeder ist besessen von einer Leidenschaft für etwas. Seine Besessenheit ist Indien.

Ein Premierminister, der besessen ist von dem Land, das er regiert, so sieht es der Pharmaunternehmer.

Wir sind auf dem Weg nach Surat im Süden der Provinz. Ein Ort, dessen Industrie schon jetzt Weltmarktführer ist. Mit einem Produkt, das für einzigartige Schönheit und blutrauschende Gewalt steht. Vor uns auf dem Tisch eine Handvoll Rohdiamanten im Wert von etwa 250.000 Euro.

Mehul Savani, Savani Diamonds: Der Unterschied liegt in der Größe. Je größer er ist, desto teurer wird er sein. Es kommt auch darauf an, wie klar er ist. Ob er keine schwarzen Partikel hat, nicht milchig ist. Dann ist der Diamant teurer.

Mehul Savani ist der Sohn des Firmengründers Mathurbai Savani, der mit Diamanten ein Vermögen aufgebaut hat. Und der dazu beigetragen hat, dass sie hier in Surat den Weltmarkt beherrschen. Man merkt dem jungen Savani seinen Stolz an.

Mehul Savani: Wir verarbeiten 90 von 100 Diamanten. Mehr als 90 Prozent aller geschliffenen Diamanten kommen aus Surat.

In der ganzen Welt?

Ja, in der ganzen Welt.

Die Steine, die hier vor uns liegen, landen bald an den Fingern oder Ketten wohlhabender Frauen in Berlin, New York, London oder Tokio. Oder in den Schneidezähnen reicher Rapper.

Woran es denn liegt, dass sie Weltmarktführer seien hier in Surat, fragen wir Herrn Savani.

Mehul Savani: Erstens ist die Arbeitskraft in Indien sehr billig. Zweitens spricht unsere Industrie jedes Jahr mit der Regierung. Sie geben uns einige Vorteile, okay? Anreize, Subventionen, solche Sachen.

Bevor wir seinen Vater, den Firmengründer treffen, sollen wir uns im Unternehmen umschauen. Und sie zeigen uns einen großen, ungeschliffenen Rohdiamanten, dessen Beschaffenheit gerade gescannt wird. Ein Computerprogramm analysiert und optimiert dann die möglichen Schnitte des Diamanten. Um am Ende so wenig Verschnitt wie möglich zu haben.

Mehul Savani: Wir haben verschiedene Schnitte und Formen ausprobiert und haben uns für diese beiden Formen entschieden. Das machen wir jetzt.

Ist dann klar, wie der Stein geschnitten werden muss, um die größtmögliche Ausbeute, den größten Wert herauszubekommen, gehen die Steine in den Schnitt. Dort werden sie dann von präzisen Hochleistungslasern zerlegt, in die vom Computer festgelegten Teile. Ist der Diamant geschnitten, geht es weiter in den Schliff. Mehr als 1000 Mitarbeiter hat Savani, verteilt an mehreren Standorten in der Stadt.

Was aus seiner Sicht denn Indiens Stärke sei, fragen wir ihn.

Wir sind ein religiöses Land. Wir glauben an Gott und wir vertrauen auf Gott. Immer wenn wir unsere Arbeit beginnen, beten wir zuerst zu Gott. Wir bekommen unsere Energie von Gott.

Welcher Gott?

Es gibt viele Götter. Ich glaube an Swaminarayan. Sag mal, an wen glaubt ihr denn?

Wir glauben an alle Götter, aber unser Führer ist Swaminarayan. Andere glauben an Gott Shiva.

Das ist alles Hinduismus, oder?

Ja, das ist Hinduismus.

Unten im Eingangsbereich der Schleiferei zeigt uns Herr Savani eine Tafel, auf dem die Projekte und Wohltaten seines Vaters, dem Firmengründer, gepriesen werden. Darauf auch ein Bild mit einem prominenten Freund.

Und da ist er mit dem Premierminister zu sehen?

Ja, das ist der Premierminister.

Er kennt ihn persönlich?

Ja, ich kann euch auch ein Video von den beiden zeigen.

Und das sieht sehr groß aus, was ist das?

Ja, das ist größer als das Pentagon.

Größer als das Pentagon?

Ja. Es ist das größte Bürohaus in der Welt.

Das größte Gebäude der Welt ist die Diamantenbörse von Surat. Mehr als 4.000 Händler sollen hier demnächst einziehen und den Welthandel mit Diamanten abwickeln. Mit 660.000 Quadratmetern ist der Handelsplatz etwa 40.000 Quadratmeter größer als das US-Verteidigungsministerium. Das Pentagon, das den Rekord seit 1943 gehalten hatte.

Die Diamantenbörse soll Indiens Anspruch untermauern, eine führende Wirtschaftsmacht zu werden. Und dann treffen wir ihn, Savani Senior.

Marthubai Savani, Firmengründer Savani Diamonds: Surat war bislang ein Zentrum für die Diamantenverarbeitung, aber kein Zentrum für den Diamantenhandel. Durch die neue Börse wird Surat zum Zentrum des weltweiten Diamantenhandels. Und wir werden gleichzeitig auch zum Zentrum für die Herstellung von Schmuck und den Verkauf von Diamanten.

Das Gebäude verkörpert die Idee indischer Größe. Genau nach dem Geschmack seines Freundes, Narendra Modi, der zur Einweihung kam. Und auch Savani Senior gerät ins Schwärmen, wenn er von seinem Freund, dem Premierminister spricht. Der die Provinz 13 Jahre lang regiert hat.

Als erstes hat er in Gujarat Wassermanagement eingeführt. Wir haben ihn dabei unterstützt. Gleichzeitig hat er daran gearbeitet, jedem Dorf Elektrizität bereitzustellen. Als Bruder Narendra später Premierminister wurde, wurde Gujarat zum Modell für das ganze Land.

Im Regal von Herrn Savani jede Menge Auszeichnungen, die seine Nähe zum Premierminister zeigen sollen. Und das Modell einer Statue in Gold, was es mit der denn auf sich habe, fragen wir ihn.

Auf dieser Welt gibt es acht Milliarden Menschen. 1,4 Milliarden davon sind Inder. Sadar Patel hat Großartiges geleistet, alle Inder zusammenzubringen für die Unabhängigkeit. Diese Statue ist eine großartige Idee, die ganze Welt soll sie sehen. Sie sollte das Zentrum der Welt sein. Das ist die Vision unseres Premierministers Narendra Modi.

Mit einer Portion zurückhaltender Eitelkeit fügt er dann noch an: Diese Statue von Sadar Patel, ich habe zu denen gehört, die diese Idee angestoßen haben.

Eine Idee nicht für irgendeine Statue, sondern für die größte Statue, die jemals gebaut wurde. Von einer Ikone der indischen Unabhängigkeit. Unübersehbar schon aus der Ferne, mit Sockel 240 Meter hoch. Mehr als 80 Meter höher als der Kölner Dom. 2018 fertiggestellt, mitten auf dem Land zwischen Surat und der Provinzhauptstadt Ahmedabad. Millionen Touristen kommen seitdem jedes Jahr hierher.

Sie ist größer als die Freiheitsstatue in New York. Es ist die größte Statue auf der Welt. Sogar noch größer als die Buddha-Statue in China. Größer auch als die.

Sind Sie stolz darauf?

Natürlich macht uns das sehr stolz. Das ist die Vision unseres Premierministers. Er hat eine Vision und setzt sie in die Realität um. Wir sind sehr stolz darauf.

Patel war neben Mahatma Gandhi und Nehru einer der starken Männer auf dem Weg zu Indiens Unabhängigkeit. Doch anders als Gandhi und Nehru, setzte Patel aus pragmatischen Gründen auf eine Hindu-Nation.

Mit Pathos und Pomp wird er heute von Hindu-Nationalisten gefeiert. Auch von Narendra Modi. Weil die nach einem Anknüpfungspunkt suchen in der Geschichte.

Ein unlauterer Versuch, sich der Geschichte zu bemächtigen, so sehen es viele Kritiker. Denn Patel, ein enger Freund Gandhis, sei niemals ein Hindu-Nationalist gewesen. Aber die Riesenstatue scheint bei den Besuchern ihren Zweck zu erfüllen.

Sie ist fantastisch und ich bin einfach begeistert. Ich werde nicht müde, sie zu bestaunen, Ich bin Herrn Modi sehr dankbar, dass er uns eine so wundervolle Statue gegeben hat. Modi hat so viel getan, um das alles hier zu ermöglichen. Die ganze Welt kennt die Statue. Das ist die größte und das ist sehr gut.

Ein Land fast wie im Rausch besät von einem Regierungschef, der es zu neuer Größe führen will.

Wir sind auf dem Weg nach Mandvi. Einem Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart eng miteinander verbunden sind. Im Hafen können wir unseren Augen kaum trauen. Am Ufer des Hafenbeckens, das bei Ebbe fast leer gelaufen ist, dutzende riesige Holzboote, die sich im Bau befinden. Und es sieht so aus, als hätte Gott Noah einen Großauftrag gegeben. Als wir uns in der Mittagshitze nähern, wirkt die ganze Szene für uns wie aus einer anderen Zeit. Holzplanken werden gebogen und mit langen, schweren Nägeln am Rumpf befestigt. Alles hier ist Handarbeit.

* metallisches Klopfen *

Mohammed Farukh, Reeder, Schiffseigner: Unsere Leute hier sind nicht sehr gebildet, sind keine professionellen Ingenieure. Sie machen sich einfach nur ein paar Zeichnungen auf ein Blatt Papier und dann geht es los. Wir wissen, wie man mit Holz arbeitet, deswegen benutzen wir es. Unsere Vorfahren haben so seit Generationen gearbeitet. Der Unterschied: Als ich noch ein Kind war, waren es Boote für 50 Tonnen Frachtvolumen. Heute sind es 1.500 bis 1.700 Tonnen. Die sind jetzt richtig groß.

Herr Farukh ist Reeder, hat das Schiff in Auftrag gegeben. Sechs solcher Frachtschiffe hat er schon. Was er mit diesen Schiffen denn transportiere und wohin, fragen wir ihn.

Farukh: Reis und Zucker. Von Dubai und den Emiraten zurück dann alles Mögliche. Wir fahren überall hin, Dubai, Jemen.

Auch noch weiter?

Ja, Afrika.

Unter dem Rumpf schallt der Sound von schweißtreibendem Fleiß herauf. Mit Hammer und Stößel treiben die Arbeiter geölte Baumwolle in die Spalten zwischen den Planken. So, wie sie es seit hunderten von Jahren tun.

Wie lange arbeiten Sie schon an dem Boot?

Das Schiff ist seit zwei Jahren im Bau. Im Moment sind wir dabei, alles abzudichten, damit später kein Wasser ins Boot kommt.

Drei Jahre etwa brauchen die Arbeiter, um ein solches Frachtschiff mit ihren bloßen Händen zu bauen. Und doch sind diese hochseetauglichen Frachter konkurrenzlos günstig. Umgerechnet etwa 300.000 Euro kostet so ein Frachter. Motor, Kajüten, alles inklusive. Um die fünf Euro verdient ein Arbeiter am Tag.

Was er denn von Modi und dessen Politik halte fragen wir Herrn Farukh.

Und zum ersten Mal auf unserer Reise spüren wir, dass man Menschen wie Herrn Farukh mit einfachen Fragen zu Modi in Verlegenheit bringt

Modi ist gut.

Warum ist er gut?

Seine Partei regiert hier schon lange.

Was machen die denn Gutes?

Sie machen alles gut. Sie bringen neue Technologien. Alles klappt. Sie bringen neue Fabriken. Alles klappt.

Gibt's denn auch Leute, die ihn nicht mögen?

Es mag Leute geben, die ihn nicht mögen, aber nicht jeder mag jeden. Es mag Leute geben, die ihn mögen und solche, die ihn nicht mögen.

Gibt es etwas, das Sie an ihm nicht mögen?

Nein, da gibt es nichts.

Inhaltlich sagt er eigentlich nichts Kritisches. Aber das, was danach passiert, sagt mehr als das Interview selbst. Ein Mitarbeiter, der zugehört hatte, verlangt von uns, dass wir die Aussagen über Modi löschen. Und wir spüren zum ersten Mal die Furcht der Muslims vor Modi.

Wir verlassen Mandvi am Arabischen Meer, ein Ort, der ruhiger und friedlicher kaum wirken könnte. Wir fragen uns woher, für uns so völlig unvorhergesehen, die Angst vor dem Regierungschef kommt. Das erfahren wir in Ahmedabad, der Hauptstadt der Provinz Gujarat. 2002 hat hier eines der bestialischsten Verbrechen der jüngeren indischen Geschichte stattgefunden. Wir sind im Muslim-Viertel, auf der Suche nach Ruksana Rashid Quarishi. Sie war damals 16 Jahre alt. 

Ruksana Rashid Quarishi, Augenzeugin: Kinder wurden zusammengeschlagen, aufgeschlitzt und verbrannt. Die Mädchen wurden vergewaltigt, aufgeschlitzt und verbrannt. Es war sehr grausam.

Das ist jetzt mehr als 20 Jahre her. Das Trauma aber noch lange nicht verarbeitet, wenn das überhaupt jemals möglich ist. Und sie zeigt uns den Ort, an dem sie ihre Mutter und ihre Schwester verloren hat. Zu Hause.

Wir waren alle hier. Meine zwei Schwestern und meine drei jüngeren Brüder. Dann hörten wir die Meute kommen. Die Moschee stand schon in Flammen. Die Leute draußen, alle tot. Dann kamen sie hier rein und töteten alle, die nicht weglaufen konnten. Meine Mutter und meine kleine Schwester wurden umgebracht.

Hat die Polizei euch nicht geholfen?

Wenn die Polizei geholfen hätte, dann wäre das alles nicht passiert. Wären meine Schwester und meine Mutter nicht tot, aber die Polizei war an den Morden beteiligt. Wenn die Polizei eingeschritten wäre, wären nicht so viele gestorben. Kinder, schwangere Frauen. Sie haben ihnen die Bäuche aufgeschnitten und die Babys abgestochen. Es war alles so schlimm.

Im Februar 2002 zieht ein aufgestachelter Hindu-Mob durch das Muslimviertel. Und verübt Verbrechen jenseits aller Vorstellungskraft. Unabhängige Untersuchungskommissionen sprechen danach von dem Versuch der ethnischen Säuberung. Mit vielen tausend Toten. Genaue Zahlen gibt es nicht. Wir haben uns mit Maulana Abdul Salam verabredet. Er ist Imam der Gemeinde und auch er war damals dabei.

Maulana Abdul Salam, Imam Nurani Moschee: Sie haben uns von allen Seiten umzingelt. Sie waren uns 100 zu 1 überlegen. Gegen 11 Uhr haben sie die Moschee gestürmt. Jeden abgestochen und getötet, der sich ihnen in den Weg stellte. Um 1.40 Uhr haben sie dann die Hindu-Flagge auf der Moschee gehisst.

Auslöser der bestialischen Raserei war der Tod von 59 Hindus, die in einem Eisenbahnwagon verbrennen. Zuvor soll es einen Streit mit einer Gruppe Muslime gegeben haben.

Maulana Abdul Salam: Der Ministerpräsident der Provinz spricht sofort und ohne Beweise von einem Terroranschlag Pakistans. Mit Unterstützung der lokalen Muslimgemeinde. Es war der Startschuss für die Gewaltexzesse, so sehen es viele. Ministerpräsident war damals Narendra Modi.

Alles ging los, als er nach Gujarat kam. Auch danach saß er am Steuer. Er war hier, saß am Steuer und hat nichts unternommen. Viele hier glauben, dass Modi die Polizei zurückgehalten hat und den Mob hat gewähren lassen. Wir haben uns in der Stadt mit einem der bekanntesten Bürgerrechtsanwälte Indiens verabredet. Anandvardhan Yagnik vertritt Bürger vor dem Verfassungsgericht. Auch viele Opfer der Hindu-Gewalt hat er vertreten. Er müsse seine Worte genau abwägen, sagte uns vor dem Interview. Besonders, wenn es um Narendra Modi ginge.

Anandvardhan Yagnik, Rechtsanwalt: Bisher habe kein Gericht Modi für schuldig befunden, in die Unruhen involviert gewesen zu sein. Viele Menschen in Gujarat glauben fest, dass Narendra Modi versagt hat. Er hat dabei versagt, den Aufruhr zu verhindern und dabei eine Minderheit zu schützen. Nur deswegen liefen die Unruhen über sieben bis acht Monate, mit vielen tausend Toten. Und aus diesem Grund glaube ich, dass Narendra Modi für die Aufstände verantwortlich ist. Denn er hat dabei versagt, sie zu verhindern. Und nachdem sie ausgebrochen waren, hat er versagt, die Menschen zu beschützen.

So sahen es damals auch die USA und Großbritannien. Zehn Jahre lang durfte Narendra Modi dort nicht einreisen, wegen schwerer Verletzungen der Religionsfreiheit. Doch das ist längst vergessen. Narendra Modi steht zum zweiten Mal zur Wiederwahl. Er wird als strategischer Partner in einer sich verändernden Welt gebraucht. Was wir denn lernen können aus Modis Zeit in Gujarat, fragen wir Herrn Yagnik noch, und seine Antwort verblüfft.

Nun, zu einem deutschen Fernsehsender möchte ich sagen, dass wir nicht wollen, dass der Premierminister zu einem Hitler wird. Die jüdische Bevölkerung wurde unter Hitler diskriminiert. Wir wollen nicht, dass unser Premierminister zu einem Hitler wird und Minderheiten diskriminiert. Das ist das, was wir von ihm erwarten.

Hier im Muslimviertel aber hat man kaum Hoffnung, dass sich die Lage bessern wird. So lange Modi und seine ideologischen Einflüsterer der Kaderorganisation RSS die Geschicke des Landes bestimmen Zu tief sitzt die Angst vor der Hindu-Mehrheit und ihrem Führer.

Ruksana: Was können wir machen? Wir müssen bleiben und fühlen uns unsicher. Bei jedem Zwischenfall bekommen wir Angst. Wir haben kein Geld. Wo sollen wir hin? Es gibt für uns keinen anderen Ort.

Mehr als 200 Millionen Muslime leben in Indien, das dabei ist, sich unter Narendra Modi in einen Hindu-Staat zu verwandeln. Modi will das Land mit Macht in die Zukunft führen, ein neues Indien erschaffen. Und dabei selbst als großer Führer in die indische Geschichte eingehen. Dafür aber braucht er die Unterstützung der Gesellschaft, zumindest einer Mehrheit. Und er weiß, wie er sie bekommt.

Gujarat, das ist uns auf der Reise klar geworden, war und ist Versuchslabor. Für Modis Vision eines erwachenden Giganten, der seine Energie für den Fortschritt aus einem religiös-spirituellen Hindu-Nationalismus ziehen soll, auf dem Weg zur Erlösung.